Orchestercode: 2 Spr, 2 KnbSt, 2S, MS, A, T, Ct, Bar, - 1/0/1, BKlar/1, SSax - 1/2/1/1 - 2 Schlgz, E-Git, Acc, Pf, Ther - 2/1/1/1/1 - El, Live.-El, Samp, Film, Video
Solo: Sopran (2), Mezzosopran (1), Alt (1), Tenor (1), Countertenor (1), Bariton (1), Sprecher (m), Knabenstimme (2)
Flöte (1), Klarinette (1), Bassklarinette (1), Sopransaxophon (1), Fagott (1), Horn (1), Trompete (2), Posaune (1), Tuba (1), Schlagzeug (2), Elektrische Gitarre (2), Akkordeon (1), Klavier (1), Theremin (1), Violine (2), Viola (1), Violoncello (2), Kontrabass (1), Elektronik (1), Live-Elektronik (1), Sampler (1), Filme, Videogrossprojektionsleinwand
ad Flöte: auch Piccoloflöte und mit Live-Elektronik
ad Klarinette: auch Klarinette in Es und Bassethorn
ad Bassklarinette: Kinder Saxophon und mit Live-Elektronik
ad Sopransaxophon: auch Tenor- und Baritonsaxophon
ad Fagott: auch kontrafagott und Kinderokarina
ad Horn: auch Kinderinstrument
ad Trompete: 1. auch Trompete in hoch B, 2. ach Kinderinstrument
ad Tuba: auch Kinderinstrument und mit Live Elektronik
ad Klavier: auch Celesta und Synthesizer
ad Viola: auch Viola d'amore
ad Violoncello: auch Kinderinstrument
ad Kontrabass: auch Kinderratsche
Rollen
Mrs. Carnis (A), Philip (Bar), Theodora (S), Elizabeth (S), Jeremy (Ct), Robert (T/Sprecher), Violet (Ms/Sprecherin), Herny (Sprecher), Spinne, Fledermaus/kleines Mädchen (2 Knabenstimmen)
Bezugsquelle/Partitur und Stimmen: Ricordi Berlin
Beschreibung
"Mein Musiktheater möge so etwas sein wie Joseph Conrads Schreiben, das genauso gefährdet war wie seine Reisen zu See. Ich hoffe, daß es beim Hörer eine Art "Fernweh" auslösen wird und dadurch das Bedürfnis nach aufmerksamem Beobachten und Betrachten seiner Umgebung und seiner Mitmenschen intensivieren möge.
In all meinen permanenten Versuchen mit abrupten Schnitten, Überlagerungen, rasch aufeinanderfolgenden Kontrasten, ins Nichts führenden Gesten und Montagen heterogener Materialien gegen die Absurdität des Alltags anzulaufen, habe ich für dieses Musiktheater-projekt auf ein surrealistisches Theaterstück aus 1940 zurückgegriffen, in dem es um das zeitlose Thema der gesellschaftlichen Enge und Unterdrückung sowie um den erhofften Frieden durch Liebe geht. Verstärkt wird diese Problematik durch den realen zeitlichen Hintergrund, in dem dieses Theaterstück entstanden ist.
Meine Wahl für genau dieses surrealistische Theaterstück entstammt einem Dürsten, das einer Passage aus Maurice Nadeaus Buch "Geschichte des Surrealismus" entstammt: "Die surrealistische Gesinnung kommt zu allen Zeiten vor, sofern man sie als die Bereitschaft auffaßt, das Wirkliche tiefer zu ergründen, ohne damit sogleich transzendieren zu wollen, und wonach ja alle jene Philosophen trachten, die sich nicht damit begnügen, die Welt nur sein zu lassen, wie sie ist; und wonach das Herz des Menschen dürstet, ohne je gestillt zu werden." Dies ist auch der Ansatzpunkt, der mich am Surrealismus reizt. Man kann, so denke ich, durch Überhöhung, Künstlichkeit und ironische Verfremdung und Distanz viel tiefer zur Wirklichkeit zurückkehren.
In den Tagen, in denen Leonara Carrington "Das Fest des Lamms", ein wildes Epos über ein perverses Familiengeflecht, in dem Liebe mit Herrschsucht einhergeht, geschrieben hat, wurde nicht nur ihr Freund Max Ernst in ein französisches Konzentrationslager abgeführt, sondern in diesen Tagen erlebte Frankreich das größte Desaster seiner Geschichte: Hunderttausende Tote forderte der Krieg allein im Juni 1940, doppelt soviele Verwundete, die Eroberung von zwei Drittel seines Territoriums und die totale Demütigung des französischen Volkes. Die deutschen Truppen stießen bedrohlich gegen Süden vor, wo Leonora Carrington und Max Ernst lebten.
Ein Aspekt dieses Theaterstücks ist ein sehr böser schwarzer Humor. Ich habe einen Stoff gesucht, bei dem man stets zwischen Lachen und Weinen schwankt. Ich finde, man kann einfach lachen, daß man ein Mensch ist, aber andererseits ist das Leben auch sehr traurig und trostlos. Ich mag eben beides - Slapstick und das Gegenteil. In der Geschichte von Carrington ist beides angelegt. Es ist einerseits komisch - André Breton hat dieses Stück als "érotisme co-mique" bezeichnet. Das Lachen ist der Ausnahmezustand. Es steht außerhalb des Gesetzes, es zeigt den Zustand des Verbotenen. Aber das Lachen kann auch eine Widerstandshandlung gegen den Schrecken sein. Das Lachen in diesem Stück steht jenseits verbalischer Ordnung.
Andererseits gibt es aber die konstant präsente Ebene der Ausweglosigkeit und des Schreckens. Das Aufeinanderprallen des Gegensatzpaares Terror und Menschenwürde, Freiheit und Hoffnung kommt am stärksten im längsten Bild von "Bählamms Fest" vor. Es ist die Szene im Kinde"
Olga Neuwirth (Werkkommentar, Ricordi Berlin), abgerufen am 24.06.2021 [https://www.ricordi.com/de-DE/Catalogue.aspx/details/441528]
Auftrag: Wiener Festwochen
Widmung: Puppa gewidmet
Uraufführung
19. Juni 1999 - Wien
Veranstalter: Wiener Festwochen
Mitwirkende: Klangforum Wien, Johannes Kalitzke (Dirigent)
Weitere Informationen: Quai Brothers (Bühnenbild), Nick Broadhurst (Regie)
Aufnahme
Titel: OLGA NEUWIRTH: Bählamms Fest
Label: KAIROS (0012342KAI)
Datum: 2003
Mitwirkende: Klangforum Wien, Johannes Kalitzke (Dirigent)
Weitere Informationen: Kairos Music
Titel: Portrait
Label: col legno (WWE 2CD 20030)
Mitwirkende: Neue Vocalsolisten Stuttgart
Aufnahme
Titel: Klangforum Wien – Thema
Plattform: YouTube: Scene 1, Scene 2, Scene 3, Scene 4, Scene 5, Scene 6, Scene 7, Scene 8, Scene 9-10, Scene 11, Scene 12, Scene 13
Herausgeber: Klangforum Wien, Johannes Kalitzke (Dirigent)
Datum: 28.04.2020
Mitwirkende: Klangforum Wien, Johannes Kalitzke (Dirigent)
Weitere Informationen: 2013 KAIROS
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 6. 7. 2021): Neuwirth Olga . Bählamms Fest (An Animation-Opera). In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db20.musicaustria.at/node/139096 (Abrufdatum: 5. 10. 2024).